Mit Terence van der Loo mimt in der aktuellen Spielzeit im Stage Palladium Theater in Stuttgart ein Darsteller die Rolle des Tarzan, der diese noch nie spielte. Für ihn ist es sogar die erste große Musicalrolle in Deutschland überhaupt. Dafür musste er auch Deutsch lernen. Im großen Interview mit www.musicalpuls.com spricht der Niederländer offen über die Bedeutung der Rolle, Gleichberechtigung und den Druck sowie die Herausforderung, den Disney-Helden Tarzan glaubwürdig darzustellen.
Terence van der Loo über Druck und eigene Ansprüche
Musicalpuls: Terence, Tarzan ist deine erste Hauptrolle in Deutschland. Spürtest du da im Vorfeld Druck?
Terence van der Loo: „Natürlich bringt eine Hauptrolle zusätzlichen Druck mit sich – zumindest ist es bei mir so. Ich fühle mich dafür verantwortlich, die Geschichte des Musicals so authentisch wie möglich zu erzählen, und deshalb lasse ich mich immer vollkommen auf meine Rolle und die Erzählung ein, um das Publikum auf eine Reise mitzunehmen. Mir ist es daher sehr wichtig, Persönlichkeit und damit einen Teil von mir selbst in die jeweilige Rolle einzubringen – ich kann einen Charakter nur dann überzeugend spielen, wenn ich eine persönliche Verbindung zu dem habe, was wir zu erzählen versuchen.
Mit Disneys Musical TARZAN® durfte ich in Deutschland debütieren – das hat mir aber ehrlicherweise keinen zusätzlichen Druck bereitet. Tarzan war schon immer ein Traum, der nun wahr wurde. Es war schon immer mein Wunsch, in einem anderen Land zu arbeiten, in einer anderen Kultur zu leben, andere Orte zu sehen und mit Menschen aus der ganzen Welt zusammen zu arbeiten – das mache ich jetzt und es ist großartig. Von Anfang an war für mich aber auch klar, dass ich so schnell wie möglich Deutsch lernen muss und die Sprache gut sprechen kann, um Tarzans Geschichte bestmöglich und glaubwürdig zu erzählen. Grundsätzlich geht es mir immer um das Erzählen von Geschichten – ganz egal welche Rolle ich spiele. Um aus mir den besten Tarzan hervorzubringen, war das Erlernen einer neuen Sprache also unabdingbar vor allem, da ich nur so mit dem Publikum kommunizieren kann. Ich glaube, dass sich das Publikum nicht zu 100% auf die Geschichte und Tarzan einlassen könnte, wenn ich einen sehr starken Akzent hätte. Denn dadurch würde immer mitklingen, dass ich nicht fließend Deutsch spreche, und genau das wäre der Moment, indem sie realisieren, dass sie in einer Show sitzen. Ich möchte aber erzielen, dass sich jede einzelne Zuschauerin und jeder einzelnen Zuschauer vollkommen auf die Geschichte einlassen und Teil des Ganzen werden kann.
Terence van der Loo spricht offen über Gleichberechtigung auf der Welt und Privilegien
Musicalpuls: Wie ist es für dich, Tarzan zu spielen?
Terence van der Loo: „Es eine absolute Ehre, diese Rolle zu spielen und Tarzans wunderbare Geschichte zu erzählen. Vor allem in der Zeit, in der wir gerade leben. Im Musical geht es nämlich nicht nur um Selbstfindung, sondern vor allem um Familie und Zusammenhalt. Tarzan sagt selbst: „Zwei Welten, eine Familie“, und das ist es, was wir gerade in vielen Teilen der Welt vermissen. Für mich sind alle Menschen gleich und damit auch gleichberechtigt. Dennoch genießen wir nicht alle dieselben Privilegien – das fällt mir immer wieder schwer zu akzeptieren, vor allem, da ich das Glück hatte, in eine wohlhabendere und liebevolle Familie hineingeboren worden zu sein und damit meinen Traum Schauspieler zu werden sicherlich einfacher verwirklichen konnte als andere Menschen.
Tarzan ist keine einfache Rolle und wahrscheinlich auch die anspruchsvollste, die ich jemals spielen werde. Ich musste und muss nach wie vor hart für die Rolle trainieren, da sie körperlich als auch stimmlich sehr herausfordernd ist. Phil Collins ist ein Musikgenie und seine Lieder sind einfach fantastisch – aber eben auch schwer, wenn man sie selbst singen muss. Wie gesagt, habe ich lange dafür geprobt und arbeite kontinuierlich an mir – das zahlt sich aber definitiv aus: Ich war in meinem Leben noch nie so fit.
Was mir an Tarzan auch sehr gut gefällt ist, dass in ihm als erwachsener Mann trotzdem noch ein Kind steckt. Es ist wunderbar, die Rolle auch verspielt zu verkörpern. Ich lerne dadurch viel für mich – alles wieder wie neu zu betrachten, die kleinen Dinge im Leben zu sehen und sie zu genießen. Kurzum: neben dem Muskelkater ist Tarzan eine wunderschöne Reise!
Terence van der Loo hat vor Tarzan noch nie Gymnastik gemacht
Musicalpuls: Was ist für dich die größte Herausforderung an der Rolle?
Terence van der Loo: „Die größte Herausforderung für mich ist zugleich die größte Herausforderung in der Schauspielerei: Es geht darum, fast jeden Tag der Woche die gleiche Geschichte zu spielen und diese Geschichte immer frisch und neu zu erzählen. Es darf sich keine Monotonie einschleichen, denn das Publikum sieht sie zum ersten Mal. Zudem bin ich noch nie in meinem Leben durch ein Theater geflogen – das ist wirklich einzigartig. Ich habe vor Tarzan aber auch keine Gymnastik gemacht. Und was nach wie vor natürlich auch dazu kommt: Die großartigen Songs von Phil Collins.“
Terence van der Loo verrät seine Lieblingsszene in „Tarzan“
Musicalpuls: Was ist deine Lieblingsszene?
Terence van der Loo: „Meine Lieblingsszene in der Show ist eine sehr kleine; sie wird „Skizzenbuchszene“ genannt. Es ist ein Setting, in dem nicht geflogen wird, es gibt keine großen Szenenwechsel, keine Stimmgewalt oder ähnliches. Es ist einfach eine Szene zwischen Tarzan und Jane, in der man die ersten, sehr kleinen Schritte in ihrem Kennenlernen sieht und vernimmt, wie sie sich annähern: Sie zeigt ihm die Zeichnungen, die sie vom Dschungel und von ihm gemacht hat. Er zeigt ihr, nachdem er durch den Dschungel gelaufen ist, einen Ort, an dem er sich ausruht und die Aussicht genießt. Es ist ein Moment, in dem es eigentlich nichts gibt und dennoch alles da ist, denn Tarzan zeigt Jane, dass man nicht viel braucht, um glücklich zu sein. Man muss nur dem die Augen öffnen, was schon da ist.“
Wir danken Terence für das sehr offene Interview sehr und wünschen ihm weiterhin ganz viel Erfolg und Freude in seiner Rolle als Tarzan im Disney-Musical! Wie gut das Stück ist, lest ihr in unserer ausführlichen Review direkt hier.