Basierend auf den ersten Part des TV-Dreiteilers brachten Peter Plate, Ulf Leo Sommer und Annette Hess 2021 das Musical „Ku’damm 56“ auf die Bühne des Theater des Westens in Berlin. Über 200.000 Zuschauer besuchten die Spielzeit zwischen November 2021 und Februar 2023 und waren begeistert. So folgte bereits Ende 2023 die Tour, die nun auch in der Hauptstadt mit dem selben (wenn auch recht einfachen) Bühnenbild wie in der Debüt-Spielzeit gastiert – genau dort, wo die Uraufführung stattfand. Wir waren beim Auftakt dabei und verraten Euch, warum das Stück ein Meisterwerk ist, dass ohne jegliche Weichzeichner aufzeigt, das Leben in der 50’er Jahre aufzeigt – und oben drauf einen genialen Soundtrack zu bieten hat.
Familie Schöllack ist der Dreh- und Angelpunkt
Elf Jahre nach dem Ende der Machtherrschaft von Adolf Hitler und dem Naziregime ist längst noch nicht alles wieder in Ordnung – ganz im Gegenteil. Das zeigt das Musical Ku’damm 56″ deutlich auf: Häusliche Gewalt ist die Regel, das altmodische Bild der Frau wird deutlich dargestellt. Im Zentrum der Handlung: Die nach dem Krieg ohne Mann dastehende und biedere Mutter Caterina mit ihren drei Töchtern Monika, Eva und Helga. Sie versucht die Tanzschule am Laufen zu halten, sichtlich überfordert mit der gesamten Situation – bis ihr im Laufe der Handlung die Sicherungen durchbrennen. Genial und unglaublich intensiv gespielt von Katja Uhlig. Sie liefert eine großartige schauspielerische Leistung ab, hat dazu mit „Früher“ eine opernhafte Solo-Perfomance, die mit tosenden Applaus honoriert wird.
Sandra Leitner wieder als Monika
Eine geniale Besetzung ist auch Sandra Leitner, die erneut die Rolle der Monika übernimmt. Der Charakter ist anders als alle. Sie ist die klare Außenseiterin, die so gar nicht in das Bild der Frau in der damaligen Zeit passt und ihrer Mutter demensprecht nicht gefällt. Sandra spielt die Figur, die im Laufe des Stücks eine riesige Wandlung durchmacht, sehr glaubhaft. Ganz großes Kino ist dabei auch ihre Performance des Songs „Wenn du dich auflöst“ – als sie ihre ganze Stimmgewalt entfesselt, traut man seinen Ohren nicht.
Katrin Merkl springt für Pamina Lenn
Und auch Isabel Waltsgott (Eva) sowie Katrin Merkl, die beim Auftakt für Pamina Lenn die Rolle der Helga übernahm, überzeugen und haben ihre starken Momente. Während Isabel schauspielerisch brilliert und als weiteres Schmankerl auch mit ihrer tollen Stimme genial den Song „Das kann nur die Rumba“ performt, liefert Katrin beim Song „Alles wird gut“ ab – man nimmt ihr die Verzweiflung, die in in der Szene in völliger Überforderung mündet, vollkommen ab.
Nico Went genial!
Derweil ragt Nico Went, der schon in „Romeo & Julia – Liebe ist alles“ brillierte, heraus. Er sorgt mit seinem kecken Charakter Freddy, der vogelfrei lebt, für die lockeren Momente in einem ansonsten düsteren Stück. Ein großer Angelpunkt dabei ist sein Lieblingsclub „Mutter Brause“, in der damals revolutionäre Rock’n Roll, hier als „Bumsmusik“ verschrien, regiert. Nico ist es auch, der DEN Hit des Stücks singen darf: „Berlin, Berlin“ – ein musikalisches Meisterwerk von Peter Plate und Ulf Leo Sommer, den sich Nico mit seinem großen musikalischen Können zu eigen macht!
Allgemein ist der (oft poppige) Soundtrack von „Ku’damm 56“ unglaublich gut. Ob „Mutter Brause“, „Herzlichen Glückwunsch“, „Monika“, „Liebes Universum“ oder auch die schon oben genannten Songs – ein Hit jagd den Nächsten. Die Handschrift von Sommer und Plate ist unverkennbar.
Rudi Reschke ebenfalls überragend
Ein weiteres Juwel ist auch „Zügellos“, im Sprechgesang liefert Rudi Reschke hier eine wahnsinnig gute Darstellung ab – und auch schauspielerisch mimt er den strengen Vater und Fabrikanten genial. Erwähnen muss man neben den Darstellern, die wir hier schon zu Recht lobten, auch David Nadvornik schafft es, seine Rolle des nicht dem Vater entsprechenden Fabrikanten-Sohns Joachim glaubhaft darzustellen. Dazu hat auch er einige starke Gesangsauftritte zu bieten. Dazu kommt Patrik Cieslik in der Rolle des Wolfgang – er hat die schwere Aufgabe einen in sich zerissenen Charakter zu spielen, der seiner Rolle als Ehemann gerecht werden will, jedoch in Wahrheit schwul ist.. etwas was 1956 ein absolutes Tabu war und gar als Geisteskrankheit angesehen wurde.
Die Geschichte der Schöllack-Schwestern geht weiter
Hier sind wir auch schon wieder bei der schonungslos ehrlichen Darstellung der damaligen Zeit, die das Stück auszeichnet. Es wird ohne Weichzeichner aufgezeigt, wie es damals zuging. Viel mehr wollen auch gar nicht verraten – nur so viel: Im Mai 2024 wird die Geschichte mit „Ku’damm 59 – Das Musical“ weiterzählt – der Vorverkauf ist bereits gestartet. Tickets gibt es direkt hier. Wer zuvor den sehr empfehlenswerten Vorgänger „Ku’damm 56“ sehen möchte, kann sich direkt hier Karten bestellen.