Hamburg hat ein neues Musical – das bereits am Londoner Westend und am Broadway ein voller Erfolg war: „& Julia“! Dabei wirbt man am Stage Operettenhaus in Hamburg mit dem Slogan „Das Musical mit Party-Garantie!“ Heute fand genau dort die große Deutschland-Premiere statt – wird man dem, was man da verspricht, gerecht? Um es schon einmal vorwegzunehmen: Ja! Dabei ist das sehr unterhaltsame Musical jedoch weitaus mehr… wir waren bereits gestern bei der Medien-Premiere dabei und dürfen Euch jetzt unsere ausführliche Review zu „& Julia“ liefern!
Die Geschichte um Romeo & Julia ist altbekannt. Doch was wäre, wenn Julia am Ende nicht stirbt? Dieser Frage geht „& Julia“ gleich zu Beginn auf den Grund – und startet früh eine Achterbahn der Überraschungen und Wendungen, die wohl kein Zuschauer hätte kommen sehen! Dabei beginnt die Handlung erst einmal mit William Shakespare (gespielt von Andreas Bongard), der am Ende von „Romeo & Julia“ schreibt – doch seine Frau Anne Hathaway (gespielt von Willemijn Verkaik) hat da ganz andere Vorstellungen, wie die Geschichte ausgehen soll und nimmt die Feder einfach mal selbst in die Hand…
Willemijn Verkaik zeigt ihre grandiose, komödiantische Seite
Schon hier zieht Willemijn Verkaik das Publikum auf ihre Seite… die zuletzt als Eiskönigin brillierende Darstellerin zeigt sich sehr humorvoll und soll auch im Verlauf des Musicals immer wieder zum Szenendieb werden! Wenn man so will, ist sie die gute Fee, die an mancher Schraube dreht, um Julia auf der Suche nach ihrem Glück zu helfen. Dabei drehen die Verantwortlichen von „& Julia“ den eingestaubten Stoff ordentlich um… so hat Julia (gespielt von Chiara Fuhrmann) plötzlich eine beste Freundin – May (gespielt von Bram Tahamata)… und will mit ihr, ihrer Amme (gespielt von Jaqueline Braun) und ihrem anderen „Bestie“ Anne Hathaway, die sich kurzerhand selbst in die Geschichte schrieb, reißausnehmen und neuanfangen – in Paris!
Und damit soll das Liebeswirrwarr so richtig losgehen… Romeos Tod sollte da nur der Anfang sein. Früh zeichnet sich ab, dass Selbstbestimmung und Selbstfindung zwei zentrale Themen zwischen den eingebunden großen Party-Hits von „Baby one more Time“ bis hin zu „It’s my Life“ sind.
Dialoge auf Deutsch, Texte größtenteils in Originalsprache
Dabei hatten die Verantwortlichen von Stage Entertainment im Vorfeld die große Herausforderung mit der Sprache… bisher gab es noch nie eine deutsche Fassung. Man kann also nicht mal eben so wie in der englischsprachigen Version zu den Songs übergehen. Die Ideallösung: Man lässt die Darsteller erst auf Deutsch übersetzte Zeilen aus den Hits singen, ehe in der Originalversion interpretiert wird! Ein Geniestreich! Kein Song wirkt in das Stück reingezwängt, die Titel passen perfekt zu den jeweiligen Szenen. Ganz stark ist beispielweise in der ersten Hälfte „I’m Not a Girl, Not Yet a Woman“ – der Britney Spears Titel wird sehr gefühlvoll von Bram Tahamata (May) interpretiert!
„& Julia“ macht sich für Diversität stark
Es ist zudem eine Szene, die unterstreicht, dass auch das Thema Diversität eine wichtige Rolle spielt. Das macht auch die Figur Francois (gespielt von Oliver Edward) deutlich – der auf dem ersten Blick schrille Charakter ist dabei die wohl tragischste Figur in dem Musical… er ist seiner Gefühle noch nicht sicher. Seine gemeinsame Performance mit May von Katie Perrys Hit „I Kissed A Girl“, der kurzerhand in „I Kissed A Boy“ umgetextet werden, ist da das wohl eindrucksvollste Beispiel!
Carlos de Vries und Jaqueline Braun lassen die Zuschauer johlen
Neben dem Liebesdreieck Julia, May und Francois ist da zudem auch noch die neu entfachte Liebe zwischen Francois’s Vater Lance (gespielt von Carlos de Vries) und der Amme Angelique… deren Zusammenspiel in der Performance von „Teenage Dream / Break Free“ seinen Höhepunkt findet! Hier johlte das Publikum vor Begeisterung! Eine Glanzleistung von Carlos de Vries und Jaqueline Braun!
In Finale der ersten Hälfte von „& Julia“ geht die Post dann so richtig ab… William Shakespare lässt Romeo (gespielt von Raphael Groß) wieder auferstehen! Passend dazu performt Raphael Groß „It’s My Life“ – ein Feuerwerk, dass der Darsteller da abfackelt! Was für ein Auftritt!
Chiara Fuhrmann begeistert mit der stärksten Julia aller Zeiten
Das kann man getrost vorwegnehmen: Romeo reist seiner Julia dann nach Paris nach – die aber gar nichts mehr von ihm wissen will. Die von Chiara Fuhrmann großartig gespielte Figur zeigt mächtig Female Empowerment und schafft es damit, dem eher blassen Charakter aus der Vorlage ein ganz neues Gesicht zu verleihen – Julia in „& Julia“ rockt! Dabei darf sich Chiara in ihrer ersten titelgebenden Hauptrolle im Stück vollends entfalten – mal holt sie alles aus ihrer souligen, leicht rauchigen Stimme raus… mal zeigt sie die sanften Klangfarben. Ein Musterbeispiel ist hier die gemeinsame Performance mit dem ebenfalls stark aufspielenden Raphael Groß nach der Aussprache von Romeo und Julia… sie singen „One Mory Try“.
Willemijn Verkaik erhält Standing Ovations
Die ganze Vielseitigkeit ihres Könnens darf in Hälfte Zwei derweil auch Willemijn Verkaik zeigen… die sogar Standing Ovations erhielt! Es ist schon wahrlich eine Hausnummer, sich an Celine Dions Hit „That’s The Way It Is“ ranzutrauen… aber was Willemijn da rausschmetterte, das war schon wirklich ganz, ganz großes Kino!
Auf anderer Weise ergriff die Zuschauer dann der große Boyband-Moment… als Romeo, Francois, May, Lance und William Shakespeare den Backstreet-Boys Hit „Everybody“ performten, tobte das Publikum im Stage Operettenhaus!
Das Finale reißt auch die letzten Zuschauer vom Sitzplatz
Bevor dann im Finale die ganz große Party steigt, muss das Liebewirrwarr natürlich noch aufgelöst werden… Wer mit wem oder überhaupt dann am Ende zusammenkommt, verraten wir natürlich noch nicht. Aber selbstverständlich gibt es ein Happy End… und das Finale gipfelt in einer fetten Party, bei der es dann niemanden im Saal mehr auf seinem Sitzplatz hält!
DAS macht „& Julia“ aus
Keine Frage, „& Julia“ ist ein Feuerwerk an großen Hits… aber eben auch viel mehr! Das Stück greift aktuelle Themen wie Diversität auf, strotzt nur so vor Female Empowerment und schafft es, zwischen all den Partynummern und den vielen Gags die Zuschauer auf eine emotionale Reise der Figuren mitzunehmen, wo der eine auf der Selbstfindungssuche ist und die andere ihren Weg der Selbstbestimmung konsequent weitergeht. In „& Julia“ kommen Fans der 80’er & 90’er als auch klassische Musicalfans voll auf ihre Kosten. Also unbedingt anschauen und mitreißen lassen, von der wohl freshesten, humorvollsten und revolutionärsten Erzählung des klassischen Stoffs!
Zur Cast, dem Bühnenbild und der Technik
Zur Cast: In „& Julia“ darf jeder glänzen… so singen die Darsteller meist gemeinsam, während das Ensemble nahezu immer als großer Background-Chor fungiert… ein musikalischer Hochgenuss! Während wir Willemijn Verkaik und auch Chiara Fuhrmann hier einfach hervorstechen lassen müssen, lieferten aber zweifellos auch alle anderen grandios ab!
Zum Bühnenbild und der Technik: „& Julia“ setzt beim Bühnenbild auf zwei zentrale Elemente: Die beiden Drehscheiben, die schnelle Szenenwechsel ermöglichen, als auch die große LED-Leinwand im Hintergrund. Immer wieder schafft man dadurch, das passende Setting zu erzeugen. Während das alles unterstreicht, wie topmodern die Produktion ist, fallen auch die extravaganten Kostüme und die vielen wechselnden Requisiten positiv auf. Als I-Tüpfelchen lässt man Julia unter anderem mit dem Kronleuchter auch noch in die Höhe steigen! Auch hier von uns alle Daumen hoch!